Die Eigenschaften des marinen Lebensraumes Mittelmeer

 

Der marine Lebensraum erstreckt sich in drei Dimensionen

Zusätzlich zu seiner horizontalen Ausdehnung (wie ein Land-Lebensraum) besitzt er auch eine dritte, vertikale Dimension; Verunreinigungen werden sich folglich in allen drei Dimensionen bemerkbar machen.

1. Der mediterrane marine Lebensraum hat eine große Gleichförmigkeit wegen

– der geringen Schwankungen der Umweltfaktoren (Temperatur, Salzgehalt, Lichtverhältnisse),
– der geringen Geschwindigkeit der Diffusions- und Lösungsvorgänge,
– des praktisch völligen Fehlens von Gezeiten und großen Strömungen und schließlich
– der geringen Wasserdurchmischung im Herbst;
diese Gleichförmigkeit verstärkt die Wirkung der intensiven Verunreinigungen.

2. Der marine mediterrane Lebensraum hat bemerkenswerte chemisch-physikalische und biotische Eigenschaften

Die Organismen, die im marinen Ökosystem leben, sind den Faktoren

2.1. Die physikalischen Faktoren

2.1.1. Das Licht
Die Dauer der Helligkeit ist sehr lang (in der Provence mehr als 500 h Sonneneinstrahlung), das ist ein für die Entwicklung des pflanzlichen Lebens günstiger Faktor. Die Absorption nimmt mit der Tiefe zu, man kann drei Zonen unterscheiden:

– eine gut durchleuchtete (euphotische) Zone, in der die Helligkeit für die Entwicklung von Pflanzen mit Chlorophyll ausreicht. Ihre untere Grenze hängt von der Lichtdurchlässigkeit des Wassers ab, die von einigen Zentimetern in den Hafengebieten bis zu 15, 20, 25 m (untere Grenze der Posidonien-Rasen in der Provence) und bis zu 200m bei den Balearen reichen kann.

– eine schwach belichtete (dys- oder oligophotische) Zone, in der die Helligkeit für grüne Pflanzen nicht ausreicht, die Menge an gelösten Mineralsalzen steigt an und bildet einen Vorrat für die darüberliegende Schicht, falls ein Aufsteigen möglich ist; das ist im Winter der Fall, wenn Konvektionsströmungen zwischen dem abgekühlten Oberflächenwasser und dem weniger kühlen Tiefenwasser auftreten.

– eine lichtlose (aphotische) Zone: die tiefste Zone, völlig dunkel und unvereinbar mit jeglichem pflanzlichen Leben.
Eine eindeutige Beziehung zwischen der Farbe der Algen und ihrer Verteilung in der Tiefe konnte nicht nachgewiesen werden, man begnügt sich damit, lichtliebende (photophile) Algen, die an der Oberfläche leben, wo die Lichteinstrahlung stark ist, und schattenliebende (sciaphile) Algen, die sich mit geringeren Helligkeit begnügen, zu unterscheiden.

2.1.2. Die Temperatur: Das Mittelmeer, ein besonderes Meer

2.1.3. Die Wasserbewegung. Die Gezeiten haben nur eine geringe Amplitude (im allgemeinen 20 - 30 cm) und werden durch Winde und Luftdruckschwankungen hervorgerufen.
Die Wasserbewegung wird hauptsächlich durch den Wellengang bewirkt, dabei unterscheidet man:
aufgewühlte Bereiche, in denen der Wellengang sehr stark ist und
weniger bewegte bis ruhige Bereiche mit schwachem oder fehlendem Wellengang.

2.2. Die chemischen Faktoren

2.2.1. Die Feuchtigkeit
Es besteht ein Gefälle (Gradient) der Feuchtigkeit, wenn man vom Ufer Richtung Meer geht, abhängig von der Höhe des Meeresspiegels, der die Verteilung der Lebewesen , ihre morphologischen und physiologischen Veränderungen und das Verhalten der Arten (z.B. Wasserspeicherung, Verringerung des Wasserverlustes, Wiederaufleben wie bei Nemalion (Rotalge) oder Rissoella, bedingt.

2.2.2. Dei gelösten Salze
Der Salzgehalt des Mittelmeeres ist hoch, da es nach und nach verdunstet, er variiert zwischen 36,4‰ bis 39,5‰. Der Salzgehalt des Wassers an der Oberfläche steigert sich West nach Ost, er geht von 36‰ am Eingang der Meerenge von Gibraltar bis 39‰ in der Ägäis.

Mehrere Arten können stärkere Variationen des Salzgehaltes ertragen (euryhyaline Arten) wie Ulva-Arten (Grünalgen), Enteromorpha, Cymodeceen oder die Arten, die in der Spitzwasserzone und der mittleren Uferzone leben.
Im Gegenteil dazu sind andere stenohyalin, sie leben in tieferen Zonen und ertragen keine größeren Schwankungen des Salzgehaltes.
Das Wasser des Mittelmeeres hat natürlich einen ausreichenden Kohlenstoffdioxidgehalt, um die Entwicklung der Pflanzen mit Chlorophyll zu ermöglichen, allerdings ist es arm an Stickstoff und Phosphor, so dass die Entwicklung der Biomasse (Masse des organischen Lebens) begrenzt ist. Man schreibt dieser Tatsache die Armut an Plankton zu, welche für die Lichtdurchlässigkeit des Wassers und die geringe Produktivität an Fischen verantwortlich ist.

2.3. Die Faktoren des Untergrundes (Edaphon)
Der Einfluss der Natur und der Zusammensetzung des Bodens auf den Aufbau der pflanzlichen und tierischen Populationen ist schwierig abzuschätzen.
Man spricht von silikatliebenden (silicophile) Arten oder Vegetation , wenn man sie ausschließlich oder vorzugsweise dort antreffen kann, wo der Boden reich an Silizium ist. Weniger, dass sie Kalk meiden (calcifug)? Dies gilt für die Algen der Gattung Rissoella (Rotalgen).
Desgleichen spielt der Gehalt des Sandes und Schlammes an organischen Substanzen für die Verteilung zahlreicher Arten eine wichtige Rolle.

2.4. Die biotischen Faktoren. Innerhalb des marinen Lebensraumes stehen die Lebewesen untereinander in Wechselbeziehungen.
Die zunehmende Nutzung und die Verschmutzung durch den Menschen nehmen auf die pflanzlichen und tierischen Populationen direkt Einfluss.
Der Einfluss des Menschens auf den Lebensraum ruft eine Anreicherung an Nitrat und Phosphor hervor, dies ist günstig; aber sie zieht eine Überentwicklung der angepassten Arten und ein mehr oder weniger schwerwiegendes Ungleichgewicht im Lebensraum nach sich. Sie bewirkt die Entwicklung schwefel- und stickstoffliebender (thionitrophiler) Algen, Arten, die Lebensräume bevorzugen, welche reich an Schwefel(thio-)- und Stickstoff(nitro-)verbindungen sind, wie Calpomenia, Ulva, Enteromorpha, Cladophora, Clutleria, Erythrotrichia, was die Lebensbedingungen zutiefst stört (es ist das Phänomen der Überdüngung, Eutrophierung).